Spätbarocke Glanzzeiten einer jungen Fürstin | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Vortrag anlässlich des 200. Todestages der Isabelle Auguste von Sayn-Hachenburg

Spätbarocke Glanzzeiten einer jungen Fürstin

Der moderne Vortragssaal der Hochschule der Deutschen Bundesbank füllte sich. Zahlreiche Zuhörer aus Hachenburg und anderen Orten der Region erwarteten mit Spannung den visuellen Auftritt der 19jährigen Fürstin, die im Sommer 1771 aus dem ostthüringischen Greiz nach Hachenburg reiste, um von Ihrem Gatten, Georg Wilhelm Burggraf von Kirchberg, Graf von Sayn-Wittgentein, dem Regent der Grafschaft Sayn-Hachenburg in Empfang genommen zu werden. Auf einer Staffage befand sich die mit einem roten Tuch verdeckte Reproduktion eines spätbarocken Portraits der Fürstin aus dem Jahr 1780. Nach dem Grußwort des Vize-Rektors der Hochschule, Herrn Prof. Dr. Andreas Kremer, wurde das Bild durch die Verbandsbürgermeisterin Gabriele Greis enthüllt. Für die Bereitstellung der Vorlage des Fotos ist der Stadtarchivar den Mitarbeitern der Verwaltung der Hessischen Schlösser und Gärten (Bad Homburg v. d. Höhe) zu Dank verpflichtet. Das Original des Portraits der Fürstin, das 1799 von Hachenburg nach Weilburg gelangt ist (siehe unten), befindet sich im Besitz der Schlösserverwaltung.

Der Auftakt der kleinen vom Stadtarchiv unter Mitwirkung der Geschichtswerkstatt Hachenburg geplanten Veranstaltung stand im Zeichen zeitgenössischer Musik des ausgehenden 18. Jahrhundert. Eine Darbietung der Herren Thomas Krings (Leiter der Grundschule Altstadt) und Uwe Schollmeyer (Hochschule der Deutschen Bundesbank), die sich seit Jahren mit der Überlieferung historischer Hofmusik aus der Region Mittelrhein befassen. Die Auswahl der Stücke, die die Veranstaltung akustisch begleitet haben umfasste u. a. ein Musikstück, das für den prächtigen Einzug der Braut in Hachenburg 1771 komponiert worden ist. Die so genannte „Heimführung“, der Einzug der jungen Braut in Hachenburg, von der der Stadtarchivar Hachenburgs später berichten sollte, war ein bedeutendes gesellschaftliches und kulturelles Ereignis, das tausende von Untertanen anzog, die in Kirburg, dem ersten Ort auf dem Boden der Grafschaft Sayn-Wittgenstein, den aus fünf Kutschen, Hofbeamten, berittenen Soldaten unter denen sich auch Husaren aus Hachenburg befanden, verfolgten. Ansprachen von Ortsbürgermeistern, Ehrenpforten und musikalische Darbietungen begleiteten den Festzug in die festlich geschmückte Residenzstadt Hachenburg.

Der Stadtarchivar, Dr. Jens Friedhoff, beleuchtet in seinem reich illustrierten Vortrag die Stationen auf dem Lebensweg der Isabelle Auguste geborene Fürstin von Reuss zu Greiz (1752-1824) von ihrer Jugend in der kleinen Residenzstadt Greiz im Vogtland über Ihre Reise nach Hachenburg, die bewegten Zeiten, die sie als junge Witwe, nachdem Ihr Gatte bereits früh verstorben war, im Hachenburger Schloss verbracht hat. Als Zeitzeugin erlebte die Prinzessin aus Thüringen die Wirren der Französischen Revolution 1789 mit den Revolutions- und Napoleonischen Kriegen (1792-1814/15), die auch Hachenburg heimsuchten, sowie das Ende der Residenzzeit in Hachenburg. Nachdem Isabelle Augustes Tochter, Louise Isabelle (1772-1827) den Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg geheiratet hatte endete die Regierungszeit der aus Thüringen stammenden Burggrafen von Kirchberg als Landesherren der Grafschaft Sayn-Hachenburg (1705/14-1799). Das junge Paar wählte 1799 Weilburg als Wohnsitz. Hachenburg, in dessen Schloss Isabelle Auguste ihren Witwensitz hatte, sank zu einer Amtsstadt herab. Luxusgewerbe und Handwerker, die vornehmlich für den gräflichen Hofstaat produzierten mussten sich andere Absatzmärkte suchen.

Die letzte hochadelige Bewohnerin des prächtigen Hachenburger Barockschlosses fand ihre Ruhestätte auf dem 1801 neu eingerichteten Hachenburger Friedhof. Ihr gepflegtes klassizistisches Grab mit Inschrift steht unter Denkmalschutz und erinnert an die am 10. Okt. 1824 in Hachenburger verstorbene Fürstin aus dem fürstlichen Hause Reuss zu Greiz (ältere Linie). Im Anschluss an den Vortrag überreichte der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Hachenburg, Herr Bruno Struif, dem Stadtarchivar die Collage eines Gemäldes der - im Vergleich zu dem Bildnis von 1780 - bereits älteren Fürstin. Das gerahmte Bild wird im Stadtarchiv Perlengasse 2 einen würdigen Platz finden. Fazit: Die wechselvolle Geschichte unserer Stadt, die bis heute durch die barocke Residenzzeit geprägt ist und zahlreiche Besucher anzieht, wartet nicht nur mit der durch regionalgeschichtliche Veröffentlichungen bereits bekannten Literatin Albertine von Grün (1749-1792) auf. Als ihre Zeitgenossin verdient Fürstin Isabelle Auguste (1752-1824) ebenfalls einen würdigen Platz in der Stadtgeschichte. Nachdem die Neugier geweckt ist, gilt es nun – so ein mittelfristiges Ziel des Stadtarchivars - ein wenig mehr zu der Fürstin zu forschen und zu veröffentlichen, um somit die bislang viel zu wenig beleuchtete Frauengeschichte voran zu treiben. Und wer weiß? Vielleicht wird die hochadelige, aus dem fernen Thüringen stammende Dame, die von 1771 bis 1824 im Westerwald gleich mehrere „Zeitenwenden“ erlebt hat, auch einmal Gegenstand von Stadtführungen zum Thema „Hachenburg – Frauen machen Geschichte“.

Dr. Jens Friedhoff (Stadtarchiv Hachenburg)

Fotos:

1) Reproduktion des Portraits der Fürstin Isabelle Auguste (1780). Foto: J. Friedhoff.

2) Musikalische Begleitung des Festvortrags zur Fürstin Isabelle Auguste. Foto: J. Friedhoff